Der Patriot, 29.11.2024
Gewalt gegen Frauen bleibt vielfach doch ein privates Problem – auch im Kreis Soest. Genügend Frauenhaus-Plätze zur Akut-Unterstützung im Notfall gibt es jedenfalls laut Istanbul-Konvention nicht. Der SkF signalisiert nun die Bereitschaft, die Trägerschaft für ein Frauenhaus in Lippstadt zu übernehmen. Ungeklärt ist aber weiterhin die Finanzierung.
Die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt steigt. Mit dem Gewalthilfegesetz will die Bundesregierung Frauen besser schützen. Ob es vor der Wahl verabschiedet wird, ist unklar. Unklar ist weiterhin auch, wann die Planungen für das seit Jahren geforderte Frauenhaus in Lippstadt endlich Fahrt aufnehmen können. Hoffnung macht jetzt aber ein Signal, das der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) sendet. Der Verband steht bei entsprechender Finanzierung als Träger bereit. „Als Frauen-Thema wäre das bei uns gut angedockt“, erklärte Vorstand Ute Stockhausen auf Patriot-Nachfrage.
Seit 2022 schon kursiert das drängende Thema in der Stadt. Bei einer „Aktionswoche gegen Gewalt an Frauen“ hatte die Evangelische Frauenhilfe die Sinnhaftigkeit einer Einrichtung in Lippstadt ins Gespräch gebracht. Der Vorstoß verhallte zunächst – bis die Lippstädter Kommunalpolitik Anfang 2024 endlich Bewegung in die Angelegenheit brachte.
Istanbul-Konvention: 2025 fehlen 14 Plätze
Der Rat stimmte geschlossen für eine Umsetzung in Lippstadt, signalisierte dem zuständigen Kreis Soest sogleich Unterstützung bei der Standortsuche und Organisation. Der Kreis-Sozialausschuss sprach sich daraufhin ebenfalls für die Notwendigkeit einer weiteren Schutzunterkunft für Frauen aus.
30 Plätze müsste es laut Istanbul-Konvention im Kreis Soest geben. Aktuell sind es acht im Soester Frauenhaus. Im Laufe des nächsten Jahres sollen in der Kreisstadt acht weitere hinzukommen. Bleiben auf dem Papier immer noch 14 weitere vakant. Diese Lücke soll in Lippstadt geschlossen werden.
Die Frauenhilfe wäre notfalls wie in Soest bereit, die Trägerschaft zu übernehmen, würde es aber bevorzugen, wenn ein Lippstädter Träger einspringt. Gesagt, getan. Im April bereits hatte die Ini Interesse bekundet. Klar positioniert sich jetzt aber auch der SkF. „Wir haben den Hut in den Ring geworfen. Das ist unser Thema. Wir sind auf jeden Fall interessiert und würden es uns sehr wünschen“, erklärte Stockhausen. Der SkF habe über den Verband und seine Netzwerke die fachliche Expertise, führte sie fort.
Was fehlt, ist das Startsignal für Planung und Antragsstellung. „Es gibt noch keine Perspektive, was die Finanzierung angeht“, sagte Stockhausen.
Die muss der Kreis Soest aufzeigen. Dort ist die Lippstädterin Marianne Schobert (SPD) als Vorsitzende des Kreis-Sozialausschusses, besonders nah dran am Thema. Eine finanzielle Unterstützung durch den Kreis hält sie allerdings erst für den Doppelhaushalt 2027/2028 realistisch. Im Doppelhaushalt 2025/2026 sind allein die Kreis-Zuschüsse für die Erweiterung des Soester Frauenhauses verankert. Diese steigen von 103 500 Euro auf 200 000 Euro jährlich. Den größten Batzen der Refinanzierung laufender Kosten erfolgt ohnehin über Landesmittel und einzelfallbezogene Sozialleistungen. An den Kosten für die Unterkunft beteiligt sich auch der Bund anteilig.
Lippstadt spielt in den Finanzplänen noch keine Rolle. Bau- und Betriebskosten müssten über den Kreis beim Land beantragt werden. Ein Träger müsste entsprechende Konzepte vorlegen. Schobert hofft, dass das für Lippstadt 2025 auf den Weg gebracht werden kann. „Dann können wir das Projekt politisch weiter unterstützen. Dann ist ein Neubau oder der Umbau einer Bestandsimmobilie im Jahr 2027 durchaus erreichbar“, so ihre Einschätzung.
Derweil läuft in Lippstadt hinter den Kulissen die Suche nach einem Standort. Schobert hat zwei in der Kernstadt vor Augen. An einem Standort könnte umgebaut werden, auf einem anderen Grundstück wäre ein Neubau machbar, so Schobert. Für Stockhausen hätte ein Neubau den Charme, dass anders geplant werden könnte, dass beispielsweise direkt abgeschlossene Apartments mit getrennten Schlaf- und Wohnbereichen eingerichtet werden könnten. Der SkF steht bereits mit einem Mieter in Kontakt. „Irgendwann wird diese Option aber auch wieder zu sein“, fürchtet Stockhausen mit Blick auf die finanzielle Warteschleife.
Stockhausen wie Schobert hoffen schließlich auch darauf, dass das Gewalthilfegesetz nicht ebenfalls zur Hängepartie wird und doch noch in dieser Legislaturperiode durch den Bundestag kommt. Das würde die Finanzierungschancen für ein Frauenhaus generell verbessern. „Wir brauchen einen verbindlicheren Rahmen, um tätig werden zu können. Wenn die Empfehlung der Istanbul-Konvention zur Verpflichtung würde, wäre das ein großes Pfund. Es sind aber gerade nicht die besten Zeiten für derartige Themen“, befand Stockhausen.